Freigestellt und Dienstwagen weg: Arbeitnehmer erhält Entschädigung

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (Urteil vom 22.05.2025 – 5 SLa 249/25) hat erneut deutlich gemacht: Pauschale Freistellungsklauseln in Arbeitsverträgen sind unwirksam. Und wenn ein Arbeitgeber bei einer unberechtigten Freistellung den Dienstwagen entzieht, ist er verpflichtet, dem Arbeitnehmer den geldwerten Vorteil zu ersetzen.

Damit schließt sich das Urteil an eine Reihe von Entscheidungen an, die das Prinzip stärken: Der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers gilt auch nach einer Kündigung – bis zum Ende der Kündigungsfrist.


Der Fall im Überblick

Ein Gebietsleiter hatte im Jahr 2024 selbst gekündigt. Sein Arbeitgeber stellte ihn sofort frei – gestützt auf eine Standardklausel im Arbeitsvertrag – und forderte die Rückgabe des Dienstwagens.

Der Wagen durfte privat genutzt werden, der Nutzungsvorteil war vertraglich mit 510 € pro Monat festgelegt. Für die gesamte Restlaufzeit bis November 2024 verlangte der Arbeitnehmer deshalb Schadensersatz.

  • LAG Niedersachsen: sprach die volle Entschädigung für fünf Monate zu.

Warum die Klausel unwirksam war

Das LAG stellte klar:

  • Eine pauschale Freistellung ohne konkrete bzw. sachliche Gründe benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen (§ 307 BGB).
  • Der Beschäftigungsanspruch ist grundrechtlich abgesichert (Art. 1, 2 GG i.V.m. § 242 BGB).
  • Eine Freistellung gegen den Willen des Arbeitnehmers ist nur ausnahmsweise zulässig – etwa bei Besorgnis der Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen, die Befürchtung konkurrierender Tätigkeit oder die Gefahr der Mitnahme von Kunden

Allein die Kündigung – egal ob durch Arbeitgeber oder Arbeitnehmer – reicht nicht.


Dienstwagen als Teil des Gehalts

Der Dienstwagen zur Privatnutzung ist Bestandteil der Vergütung (Sachbezug). Nach der Rechtsprechung des BAG darf ein Arbeitgeber diesen Vergütungsbestandteil nicht einseitig entziehen, solange er zur Gehaltszahlung verpflichtet ist. Wegen der Unwirksamkeit der Freistellungsklausel war die angeordnete Freistellung des Arbeitnehmers rechtlich nicht wirksam. Damit hätte der Arbeitnehmer ohne die Freistellung bis zum Kündigungsende weiterarbeiten dürfen und den Dienstwagen behalten.

Der Arbeitgeber verletzt seine Leistungspflicht, wenn er den Arbeitnehmer unberechtigt freistellt und den Dienstwagen entzieht. Er muss dann als Ausgleich für die entgangene Privatnutzung des Firmenwagens eine Entschädigung in Höhe des vereinbarten Nutzungsvorteils zahlen (§ 280, § 283 BGB).

Das LAG sprach dem Kläger daher 510 € pro Monat für Juli bis November 2024 zu – zuzüglich Zinsen.


Handlungsempfehlungen

Für Arbeitnehmer

  • Freistellung nicht vorschnell akzeptieren – prüfen, ob Vorteile wie Dienstwagen oder Boni wegfallen.
  • 🔎 Klauseln im Vertrag prüfen – pauschale Formulierungen sind meist unwirksam. Sollte dies der Fall sein, sollten Sie weiterbeschäftigt werden oder zumindest die vereinbarten Vorteile bis zum Vertragsende behalten.
  • Ansprüche geltend machen – auch nach Eigenkündigung besteht Anspruch auf Ersatz für entzogene Vorteile àhier insbesondere Entschädigungsansprüche wegen Entzug des Dienstwagens

Für Arbeitgeber

  • 📝 Vertragsmuster anpassen – Arbeitsverträge auf bestehende Freistellungsklauseln überprüfen – und andere Vertragsklauseln auf ihre Rechtswirksamkeit überprüfen
  • Einzelfall prüfen – die bloße Kündigung reicht nicht für eine Freistellung. Erforderlich ist ein berechtigtes Interesse
  • 🚗 Dienstwagen-Regelungen beachten – Entzug ohne Ausgleich führt regelmäßig zu Entschädigungsansprüchen. Dienstwagen bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses gewähren, Aufhebungsvertrag vereinbaren oder eventuell berechtigte fristlose Kündigung aussprechen.

Fazit

Das Urteil zeigt deutlich: Standardklauseln genügen nicht.
Arbeitgeber müssen die Interessenlage im Einzelfall begründen – Arbeitnehmer behalten ihre vertraglichen Ansprüche bis zum Ende der Kündigungsfrist.

Wer Beschäftigung verweigert und den Dienstwagen entzieht, muss zahlen.

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